Sympathieträger – der Opel-Zwerg „Rocks-e“ weckt freudige Emotionen

Unsere Probefahrt mit dem neuen zweisitzigen Stadtmobil „Rocks-e“ entlang des Mains und durch die Frankfurter Innenstadt geriet zu einem ganz besonderen Erlebnis. Und das lag nicht allein an dem pfiffigen Fahrzeug selbst, sondern auch an den Reaktionen, die das Wägelchen entlang der Route hervorrief.

Echter Hingucker

Ob Autofahrer, Pedalisten oder Passanten, viele kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus, als sie die Miniaturausgabe eines „echten“ Autos bemerkten. Und ganz oft löste sich ihre Verwunderung über dieses sonderbare Gefährt auf in eine „Daumen hoch“-Geste oder man/frau beglückte den Fahrer zumindest mit einem fröhlichen Lächeln. Kein mitleidiges Grinsen nach dem Motto „hier kann sich einer kein richtiges Auto leisten“, nur staunende Blicke und oft sogar schiere Begeisterung. Dabei waren es gerade die möglichen Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer, die im Vorfeld des Trips ein leichtes Unbehagen bereiteten. Stand doch die bange Frage im Raum, ob ein höchstens 45 km/h „schnelles“ Vehikel mit seinen gerade mal 6kW/8 PS sich nicht als rollendes Hindernis entlarvtund sein Pilot sich zum Ziel diverser Verwünschungen der „echten“ Autofahrer machen würde. Schon an der ersten Ampel zerstreuten sich derlei Bedenken, als der Winzling beim Start gut mithalten konnte und bis zur nächsten Ampel im Verkehrsfluss locker mitschwamm. Was sich später auch während der gesamten Tour durch die City nicht entscheidend änderte. Klar, in wenigen Momenten wünschte man sich die eine oder andere Pferdestärke mehr, aber in seinem „natürlichen Lebensraum“, der City, macht sich der kleine Rüsselsheimer beim Ampel-Hopping keineswegs als lästiger Blockierer unbeliebt.

Die große Frontscheibe und das serienmäßige Panorama-Glasdach sorgen für eine helle Atmosphäre.

Der Mini-Opel, ein cooles Nicht-Auto

So nett es ist, neugierige Blicke auf sich zu ziehen, auch wenn diese eigentlich nur dem pfiffigen Gefährt um einen herum gelten, so kommt es in erster Linie doch auf den Eindruck an, den der Rocks-e bei seinen Passagieren hinterlässt. Bevor wir dazu kommen, sei explizit darauf hingewiesen, dass der Kleine kein Auto sein will, es auch gar nicht sein kann und somit auch nicht ist. Folglich gehört dieses Electric Light Vehicle (LEV) formal zur Familie der „leichten Vierradmobile für Personenbeförderung“ unter der Klassifizierung L6e-BP. Den Rocks-e dennoch an einem herkömmlichen PKW zu messen, nur weil darin zwei Personen nebeneinandersitzen können und ein Dach über dem Kopf haben, wird dem Winzling nicht gerecht. Als ausschließlich urbanes Gefährt steht er eher in Konkurrenz zu E-Rollern, S-Pedelecs oder eben zum altbekannten Renault TWIZY, gegenüber dem er jedoch mehr zu bieten hat. Zumal zu einem sensationell niedrigen Preis. Dieser liegt in der Basisversion bei 7.990 Euro, die Ausstattungsvarianten Opel Rocks-e Klub und Opel Rocks-e TeKno kosten jeweils 8.790 Euro. Noch gibt es keine bundesweiten Förderungen für E-Fahrzeuge in der L6e-Klasse, aber etwa in München können sich KäuferInnen ihr LEV-Vehikel mit 1000 Euro von der Stadt bezuschussen lassen. Apropos KäuferInnen: Opel adressiert mit seinem Kleinstmobil insbesondere auch eine junge Zielgruppe. Diese Klientel beginnt, dank der Einstufung des Rocks-e als Leichtmobil bei einem Alter von 16, in manchen Bundesländern sogar schon bei 15 Jahren. Voraussetzung ist der Besitz eines Führerscheins der Klasse AM. Wer weiß, vielleicht wird es bei dieser Altersgruppe in den Städten bald als cool gelten, statt mit einem Roller in einem vierrädrigen Eyecatcher unterwegs zu sein. Zumal da Wetterschutz und die Möglichkeit sich mit Mitfahrenden unterhalten zu können, durchaus entscheidende Pluspunkte sind.

Vor dem City-Stromer ist fast keine noch so kleine Parklücke sicher

Beinhart – wie ein Rocker

Beim Blick in den recht spartanisch gestalteten Innenraum offenbart sich sogleich, was den Kleinen von einem „echten“ Auto unterscheidet. Elektrisch rocken bedeutet Fortbewegung pur, wurde doch, um den Preis möglichst niedrig zu halten, auf fast alles verzichtet, was Autofahrer an Annehmlichkeiten oder auch manchem zusätzlichem Schnickschnack gewohnt sind. Am deutlichsten wird dies an den minimalistischen Sitzen mit integrierter Kunststoffnackenstütze, die man getrost der „Holzklasse“ zuordnen kann. Gerade ältere Semester werden ob der ausgesprochen strammen Gesäßunterlagen wohl nicht gerade in Begeisterung ausbrechen, aber ihnen verschafft evtl. ein untergeschobenes Kissen ein kleines Plus an Komfort. Auch um die Wirkungen des gleichfalls straffen Fahrwerks abzumildern. Vielleicht greift der Hersteller diese Idee ja auf und nimmt ein Rocks-e-gebrandetes Pölsterchen in sein Zubehörprogramm auf. Was angesichts der beachtlichen Kopffreiheit auch für Menschen jenseits der 1,90 Meter kein Problem darstellen würde. Spaß beiseite – ich entstieg dem Kleinstwagen nach einer knappen Stunde Fahrt – und viel länger dürften auch die durchschnittlichen Touren bei einer maximalen Reichweite von 75 Kilometer nicht ausfallen – jedenfalls völlig schmerzfrei, hingegen ausgesprochen angetan von der elektrischen Cityrunde.

Eigenschaften und Charakter

Dafür sorgte besonders die Wendigkeit des Gefährts, zu der seine kompakten Abmessungen (Länge: 2,41 Meter, Breite 1,39 Meter) und spezielle 14-Zoll-Räder beitragen. Dank eines Wendkreises von lediglich 7,20 Metern können etwa erspähte Parklücken auf der anderen Straßenseite spontan in einem Zug angesteuert werden. Darunter auch Mini-Lücken, die Autofahrer nicht im Entferntesten als solche identifizieren würden, denn schließlich kann man den Kleinen sogar zwischen zwei Fahrzeugen querparken – und dabei ggf. auf nachsichtige Parkwächter und Polizisten hoffen.

Ein besonderes, fast panoramaartiges Feeling vermitteln die große Fensterfläche bestehend aus Frontscheibe und die bis in die Fahrzeugmitte reichende, serienmäßige Dachverglasung, die eine angenehme Helligkeit erzeugen. Auf das mickrige, sich spätestens nach jedem Kanaldeckelkontakt verstellenden Innenspiegelchen könnte man jedoch getrost verzichten.

Nette Reminiszenz an die „Ente“ – die hochklappbaren unteren Seitenfenster

Die Beschleunigung aus dem Stand fällt ausreichend zügig aus, wenn auch naturgemäß nicht so brachial, wie bei manchen PKW-Stromern, die Lenkung lässt sich trotz fehlender Servo-Unterstützung ohne allzu großen Kraftaufwand betätigen. Die Bremsen, vorne Scheiben-, hinten Trommel-, packen, an der geringen Geschwindigkeit und Masse (471 kg) des Fahrzeugs ausgerichtet, ordentlich und nicht übermäßig bissig zu. Der kleine Rocker lässt sich an jeder herkömmlichen Haushaltssteckdose in drei Stunden vollladen. Für die Wallbox gibt es einen speziellen Adapter, womit sich die Ladezeit allerdings nicht verkürzt.

Einfache Materialien und pfiffige Details

Nicht nur den Innenraum beherrschen Teile aus hartem Kunststoff, auch die Karosserie besteht aus diesem. Aus Gründen der Kosteneffizienz ist es absolut nachvollziehbar, dass man bewusst auf hochwertigere Materialien verzichtet und sich für ein puristisches, aber zweckmäßiges Interieur entschieden hat.

Außergewöhnlich und dabei praktisch sind die Bänder zum Zuziehen der Türen von innen. Eine weitere pfiffige Idee ist die Reminiszenz an die kultige „Ente“ in Form von nach außen hochklappbaren unteren Seitenscheiben.

Im schlichten Innenraum findet sich an der einen oder anderen Stelle Platz für kleineres Gepäck

Erstaunlich: Der Winzling setzt sich gerade mal aus etwa 250 Teilen zusammen, davon viele Gleichteile. So sind Vorderfront und Heck nahezu identisch, so dass sich auf den ersten Blick die Frage stellt, wo nun vorne ist und wo hinten beim Rocks-e. Immerhin verschafft das neue Opel-Markengesicht „Vizor“ Orientierung. Ebenfalls ungewöhnlich: die Tür auf der Fahrerseite ist hinten angeschlagen und öffnet sich somit nach vorne, die Beifahrertür wie gewohnt nach hinten. Durch das zwangsläufige Fehlen eines Kofferraums waren die Entwickler gezwungen, an mehreren Stellen kleinere Stauräume und Ablagen zu schaffen. Dies gelang etwa dadurch, dass man den Beifahrersitz relativ weit hinten platzierte und fest fixierte. Auf diese Weise war es möglich, im linken Bereich des Fußraums Platz zu schaffen. Optional kann dieses kleine Abteil mit einem Netz begrenzt werden. Auch hinter den Sitzen befinden sich noch Flächen für die Unterbringung kleiner Utensilien. Zudem haben die Konstrukteure relativ große Fächer in den Türen geschaffen.

Fazit

Fast alle größeren Automobilhersteller haben in der Vergangenheit immer wieder mal Konzeptstudien von elektrischen Kleinmobilen für den Einsatz im urbanen Bereich präsentiert. Doch dabei blieb es für lange Zeit. Nun haben Opel mit dem Rocks-e – sowie die Stellantis-Schwestermarke Citroën mit dem baugleichen Ami (auf div. Auslandsmärkten) – die (Klima-)Zeichen der Zeit erkannt und bieten zu einem attraktiven Preis ein interessantes Serienvehikel an, das gezielt auf die Mobilitätsbedürfnisse von Stadtbewohnern zugeschnitten ist. Bei Opel heißt das entsprechende Schlagwort „Sustainable Urban Mobility“, kurz SUM. Wer bei der Beurteilung des Kleinen keine üblichen Automaßstäbe anlegt, wird sich, nicht zuletzt aufgrund des tollen Preis-Leistungsverhältnisses und des aufsehenerregenden Designs für den Rocks-e begeistern. Die Zeit scheint reif für innovative, umweltfreundliche Mobilitätsangebote und so bleibt zu hoffen, dass der sympathische City-Stromer bald das Straßenbild der Innenstädte mit prägen wird.

www.opel.de/fahrzeuge/rocks-e/uebersicht.html

Text: Peter Grett
Bilder: Opel

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