Zotter – Bio-Schokolade mit Mehrwert

Diese Geschichte handelt von Schokolade, von ihrer Herstellung, dem glaubwürdigen Nachhaltigkeitsprofil eines Unternehmens und seiner transparenten Kommunikation. Sie handelt aber auch davon, wie es gelingen kann, allen Widrigkeiten zum Trotz eine fantastische Idee beharrlich zu verfolgen, um sie schließlich erfolgreich am Markt umzusetzen. Eine Erfolgs- und Mutmacher-Story.

Mit handgeschöpfter Schokolade fing es an. Inspiriert von der Papierproduktion erfand Josef Zotter eine Schokolade, die auf einem langen Band in dünnen Schichten übereinander gestrichen wird. Zotter, der sich selbst gerne als „Andersmacher“ bezeichnet, hat den Begriff „handgeschöpft“ geprägt – wer ihn googelt, landet automatisch bei den Zotter Schokoladen – clever! Medienwirksam ist die Erfolgsstory des Familienunternehmens aus der Steiermark auch deshalb, weil Josef Zotter beim ersten Anlauf als Unternehmer gescheitert ist – darüber wird offen berichtet. Erst im zweiten Anlauf – mit der Produktion nachhaltiger Schokolade – gelang der Aufstieg des Unternehmens und mit ihm der Ruhm, der heute weit über die Grenzen Österreichs hinausgeht. Dort gehört das Unternehmen zu den Top Ten der bekanntesten Marken und Josef Zotter ist auch bei deutschen Printmedien ein gefragter Gesprächspartner. Im April erschien ein Interview mit ihm im Zeitmagazin. Nicht ohne berechtigten Stolz wird in den Presseunterlagen der Firma davon berichtet, dass Zotter als einziges österreichisches Unternehmen als Fallbeispiel auf dem Lehrplan der Harvard Universität steht.

Firmengründer und „Andersmacher“ Josef Zotter in seiner gläsernen Erlebniswelt

Eine Aura der Exklusivität umgibt die gefüllten Schokoladen mit den ungewöhnlichen Geschmacksrichtungen. Wer nicht online bestellt, muss zum kleinen Einzelhändler oder zu Bio- und Naturkostläden pilgern und zahlt dort für eine 70-Gramm-Tafel stolze 3,50 Euro. Hochgerechnet kosten 100 Gramm somit im Schnitt zwischen fünf und sechs Euro. Als Gegenleistung erhalten Kundinnen dann aber Fair Trade, Bio, Bean-to-bar und feinste Genüsse – all das ist eng mit den Zotter-Schokoladen verbunden.

Kreativer geht kaum

Laut Julia Zotter, der Tochter des Gründers, war die erste „schräge“ Schokolade, die ihr Vater erfand, eine mit Hanf und Mokka. Es folgten: Algen-Karamell-Ananas, Bierschokolade, Cola & Popcorn, Whiskey & Bacon, Fisch-Schokolade, die speziell in Asien sehr gut ankommt. In der wirklich sehr langen Liste mit Auszeichnungen, die Zotter seit 2004 einheimsen konnte, sei nur eine erwähnt – die Auszeichnung mit dem Kennedy-Award 2013 in London als „Most Creative Chocolate Company“.

Allzu kühne Kreationen, aber auch frühere, erfolgreiche Produktionen, werden auf dem „Ideenfriedhof“ symbolisch beigesetzt

Zu den kreativen Ideen zählt auch das innovative Informations- und Bildungskonzept in Form eines „Schoko-Laden-Theaters“, in dem die Besucherinnen alles über die Erzeugung der über 500 Köstlichkeiten im Zotterschen Sortiment erfahren. Vom Anbau der Zutaten bis zu ihrer Verarbeitung, die in der gläsernen Produktion live erlebt werden kann.

Was Zotter von anderen Schokoladenherstellern abhebt, ist zum einen die „Personality-Show“ des Josef Zotter selbst, der sich im Sinne der guten Sache gekonnt in Szene setzt und somit auch zu politischen Themen wie etwa der Flüchtlingskrise befragt wird, zum anderen die Leidenschaft, mit der „Fair Trade“ und nachhaltige Produktion propagiert und umgesetzt werden. Ein Zeichen setzte die Familie Zotter, die ihre Schokoladenproduktion bereits 2004 auf fairen Handel umgestellt hatte, als sie 2018 demonstrativ auf das Fairtrade-Siegel verzichtete und ein eigenes Fairtrade-Label für ihre Schokoladen einführte.

100 % Fair Trade

Ein Alleinstellungsmerkmal der Austria-Chocolaterie ist es, dass nicht nur sämtliche Rohzutaten aus biologischem Anbau stammen, sondern dass alle Produktionsschritte nach dem Einkauf inhouse erfolgen. „Bean-to-Bar“ nennt sich dieses Konzept. Jeder Teilprozess – vom Reinigen der Kakaobohnen, dem Rösten, über das Mahlen und Walzen bis hin zum Conchieren, also der Veredelung der feinen Kakaomasse, erfolgt unter der Ägide von Zotter. Wer mehr darüber erfahren will, kann über die Website direkt in die Produktion „hineinschnuppern“ (siehe Link unten). Jeden Tag wird frische Schokolade im Stammhaus in Riegersburg produziert – nicht immer allerdings in Handarbeit. Mittlerweile übernehmen auch Roboter Teilprozesse und unterstützen mit ihren Greifarmen in der Pralinenproduktion.

Zotter hebt sich auch dadurch von seinen Mitbewerbern ab, dass er seine Lieferanten – zumeist kleine, bäuerliche Kooperativen – fair bezahlt. Seit 1. Oktober gilt ein Mindestpreis für Fairtrade-zertifizierten Kakao von 2.400 Dollar pro Tonne. Davon könne allerdings kein Bauer leben. Zotter zahlt nach eigenen Angaben dreimal mehr als marktüblich ist. Josef und seine Tochter Julia besuchen regelmäßig ihre Partner vor Ort, denn „Fair Trade bedeutet sorgfältiges Erntemanagement, Fermentieren und Aussortieren der Kakaobohnen“.

Die Arbeiterinnen der Lieferanten werden überdurchschnittlich entlohnt

Der Kakao stammt beispielsweise aus Naturschutzgebieten in der Dominikanischen Republik oder mitten aus dem Regenwald in Panama und Peru oder von den Mayas in Belize und Guatemala. Fair gehandelt bei Zotter heißt auch, dass man sich um nachhaltige Lieferketten bemüht.

Per Segelschiff nach Europa

Wenn es auch nur sehr kleine Mengen an Kakao sind, die Zotter per Segelschiff transportieren lässt, ist es doch mehr als ein PR-Coup, nämlich das Ausloten einer ungewöhnlichen, nachhaltigen Transportmöglichkeit. Laut Pressesprecherin Susanne Luef hofft man, dass sich diese Art des emissionsfreien Transports künftig weiter ausbauen lässt. Für ein Segelschiff läuft derzeit ein Crowdfunding-Projekt. Derzeit gibt es noch keine konkreten Termine, wann es in See stechen kann.

Mit dem Segelschiff „Avontuur“ des Betreibers Timbercoast wurden bisher vier Lieferungen mit jeweils circa drei Tonnen Fracht für Zotter transportiert.

Emissionsfrei: Kakaotransport mit dem Segelschiff „Avontuur“

Jeder Sack, der in Hamburg ankommt, wird noch per Hand gelöscht – bei der letzten Lieferung hatte Julia Zotter selbst mitgeholfen. Etwas Muße muss man schon mitbringen, denn der Segler ist rund neun Monate auf See. Der Maya Cacao wird für die Schokoladensorte Labooko verarbeitet und macht die Tafel „70% Nicaragua Sail Shipped Cocoa“ zu einer mit einem geringen CO2-Fußabdruck. 

„Schau mir in die Augen, Kälbchen“: Josef Zotter, der Vorzeige-Landwirt

Josef Zotter ist nicht nur Chocolatier, sondern auch leidenschaftlicher Bio-Landwirt. Seit nunmehr zehn Jahren gibt es neben der gläsernen Erlebniswelt, dem „Schoko-Laden-Theater“ – einer Attraktion für rund 200.000 Besucher pro Jahr –, den „Essbaren Tiergarten“. Hier ist Platz ist für alte heimische Nutztierrassen, die hier artgerecht aufwachsen können, bevor sie auf dem Teller landen. Auf der 80 Hektar großen Bio-Landwirtschaft werden auch regionale Obst- und Gemüsesorten angebaut. 27 Hektar sind für Besucher zugänglich. Nicht alle mögen dem künftigen Kalbsschnitzel in die Augen schauen, der Zotter-Familie ist es jedoch ein Anliegen, den Fleischessern bewusst zu machen, dass Steak und Schnitzel hier zuvor ein gutes Leben hatten.

Zwei, die sich mögen…

Öko in allen Lebenslagen

Umweltschutz wird in allen Bereichen – bei der Schokoladenproduktion wie in der Bio-Landwirtschaft mit Restaurant – großgeschrieben. Zotter selbst fährt seit langem E-Auto, der Essbare Tiergarten ist energieautark. Der Strom stammt aus einer Photovoltaikanlage, das Trinkwasser aus eigener Quelle. Für elektrische Mitarbeiterfahrzeuge gibt es eine Stromtankstelle und auch bei der Verpackung der Schokoladen wird auf Nachhaltigkeit Wert gelegt. Kakaoschalen landen nicht auf dem Müll, sondern werden verheizt oder als Dünger verwendet. Die Zotter Manufaktur ist der Vorzeigebetrieb in Sachen Nachhaltigkeit schlechthin. Dass dieser dafür viel Lob und Ehr einheimst, ist absolut gerechtfertigt.

Bleibt eigentlich nur die Frage: Lohnt sich die konsequente Ausrichtung an einer nachhaltigen Produktion, ist der Betrieb auch wirtschaftlich erfolgreich? Fragen, die getrost bejaht werden können, auch wenn weder Umsatzzahlen noch Gewinne veröffentlicht werden. Immerhin ist zu erfahren, dass der Umsatz selbst im Corona-Krisenjahr gesteigert werden konnte, obwohl Lockdown-bedingt sich lange Zeit keine Besucher im „Schokoladentheater“ einfanden. Bekannt ist: Pro Jahr werden etwa 200 Tonnen Kakaobohnen und 150 Tonnen Kakaobutter zu 646 Tonnen Schokolade verarbeitet. Wer also davon ab und an mal 70 Gramm nascht, kann sich zumindest sicher sein, dass alle Zutaten hochwertig und „bio“ sind und die weltweiten Lieferanten von ihrer Arbeit auch leben können.

www.zotter.at

Text: Susanne Frank
Bilder: Zotter; Bild 2 und 3: Lutz Dürichen

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